Patellainstabilität
Bei der Auskugelung (Luxation) der Kniescheibe (Patella) werden zunächst die akut-traumatischen Erstluxationen von den chronischen Patellaluxationen unterschieden.
Bei den akut-traumatischen Patellaerstluxationen handelt es sich in der Regel um junge sportliche Männer, welche durch einen direkten Schlag eine Luxation erleben und meistens durch den Notarzt wieder eingerenkt werden müssen. Bei 95% dieser Patienten reißt durch die Luxation das mediale patellofemorale Ligament (MPFL), welches das wichtigste Halteband der Kniescheibe ist.
Bei jedem Patienten wird ein MRT durchgeführt, um zum einen einen begleitenden Knorpelschaden auszuschließen und zum anderen den genauen Ort des abgerissenen Bandes (MPFL) zu erkennen. Letzteres ist essentiell, um bei einer möglichen operativen Versorgung das MPFL direkt an der abgerissenen Stelle wieder anzunähen.
MPFL-Refixation (Naht)
Patellaerstluxationen können bei fehlender Begleitverletzung und fehlenden Risikofaktoren für eine Reluxationen z.T. konservativ therapiert werden. Dies ist sehr aufwendig mit 6-wöchiger Bewegungseinschränkung durch eine Orthese und erfordert auch eine gute Compliance des Patienten.
Bei vielen Fällen kommt eine frühzeitige operative Therapie in Frage. Neben einer Arthroskopie wird das MPFL im Bereich der Abrißstelle mit Fadenankern wieder befestigt.
Eine chronische Patellainstabilität kann nicht nur auf Grund der wiederholten Luxationen stören, sondern auch dauerhaft Schmerzen bei jeglicher Belastung bereiten. Des Weiteren führt eine chronische Instabilität zunächst zu Knorpelschäden und bei langem Verlauf auch zu einer Arthrose im Kniescheibengelenk bei häufig noch sehr jungen Patienten. Die typischen Patienten sind junge Mädchen und Frauen.
Ursachen der chronischen Instabilität sind:
- eine Insuffizenz des MPFL
- eine zu flache Gleitrinne (Trochleadysplasie)
- eine zu weit nach außen verlaufende Patellarsehne
- ein Patellahochstand
- eine X-Beinstellung
- eine Verdrehung des Oberschenkelknochens oder des Schienbeines
Wichtig für die suffiziente Therapie ist die genaue Analyse all dieser Risikofaktoren und auch Therapie dieser Faktoren. Somit gehört zur Diagnostik neben dem MRT z.T. auch eine Ganzbeinstandaufnahme oder ein Torsions-MRT.
Abhängig von den „Risikofaktoren“ für die Patellainstabilität erfolgt die operative Therapie.
MPFL-Plastik
In jedem Fall wird das insuffiziente MPFL mit Hilfe einer körpereigenen Sehne (Grazilissehne oder ein Quadrizepssehnenstreifen) ersetzt. Hierbei wird die Sehne über minimalinvasive Schnitte mit resorbierbaren Ankern/Schrauben an der Kniescheibe und am Oberschenkelknochen befestigt.
Trochleaplastik
Bei gleichzeitiger Trochleadysplasie (zu flache Gleitrinne) wird eine sog. Trochleaplastik durchgeführt. Hierbei wird der Knorpel und eine Knochenschicht vom restlichen Knochen abgehoben, eine Gleitrinne in den Knochen gefräst und die Knorpellamelle anschliessend wieder darauf befestigt.
Tuberositasversetzung
Verläuft die Patellarsehne am Schienbein zu weit nach außen oder steht die Patella zu hoch wird der knöcherne Ansatz der Patellarsehne am Schienbein abgehoben, in die korrekte Position verschoben und mit Schrauben wieder befestigt.
(Derotations-)Osteotomie
Bei Fehlstellungen der Beinachse im Sinne eines X-Beines oder bei einer zu starken Verdrehung des Oberschenkelknochens oder des Schienbeines wird abhängig von der Lokalisierung der Deformierung am Oberschenkelknochen oder dem Schienbein eine sogenannte Korrekturosteotomie durchgeführt. Hierbei wird der Knochen durchgesägt, in die korrekte Position gebracht und mit einer stabilen Platte fixiert.
In der Regel wird angestrebt, alle notwendigen Eingriffe in einer Operation durchzuführen.
Nach Stabilisierung der Patella ist das Tragen einer patellazentrierenden Orthese (Medi PT control) mit Bewegungslimitierung für 6 Wochen notwendig. Abhängig von den Begleiteingriffen wird eine Sohlenkontaktbelastung an Unterarmgehstützen von 2-6 Wochen durchgeführt. Im Rahmen der Physiotherapie ist insbesondere auf den Aufbau der patellastabilisierenden Muskulatur zu achten. Da dies mindestens 6 Monate in Anspruch nimmt sind auch kniebelastende Sportarten frühestens nach 6 Monaten wieder möglich.